neue Pfändungstabelle / Pfändungsfreigrenzen ab 01. Juli 2022
Hier finden Sie die Pfändungstabelle 2022, welche vom Arbeitgeber ab dem 01.07.2022 zu beachten ist. Es ist jedoch anzumerken, dass die dort angegebenen Werte lediglich für den Regelfall gelten. Sollte eine unterhaltsberechtigte Person über eigene Einkünfte verfügen, wegen einer Unterhalts- oder deliktischen Forderung vollstreckt werden bzw. durch die Anwendung das sozialrechtliche Existenzminimum nicht mehr zur Verfügung stehen, können – teilweise auf entsprechenden Antrag – abweichende Pfändungsbeträge festgesetzt werden.
neue Regelungen zum P-Konto treten zum 01. Dezember 2021 in Kraft
Mit den ab dem 01. Dezember 2021 geltenden Regelungen (Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz) hat der Gesetzgeber eine umfassende, insbesondere bisherige Probleme behebende, Regelung zum Pfändungsschutzkonto erlassen. Der Schutz der Inhaber eines Pfändungsschutzkontos ist nunmehr genauer definiert und erstreckt sich künftig auch bei einem im Soll geführten Konto vor einer Verrechnung mit Forderungen der kontoführenden Bank.
Ferner sind zuvor fragliche Fristen genauer definiert sowie die Verpflichtung zur Ausstellung von sog. P-Konto-Bescheinigungen insbesondere durch Sozialleistungsträger festgelegt worden. Auch wurden die Probleme beim Schutz von Nachzahlungen oder sonstigen Einmalzahlungen durch eine entsprechende Vorschrift ausgeräumt.
Reform der Regelungen zum Pfändungsschutzkonto
Der Bundestag hat nunmehr die Reform der Regelungen zum Pfändungsschutzkonto beschlossen; damit die Banken die Software entsprechend überarbeiten können, treten die Regelungen im Wesentlichen erst zum 01.12.2021 in Kraft. Die meines Erachtens überwiegend sinnvollen Regelungen schaffen durch Einführung eines eigenen Abschnitts in der ZPO für alle Beteiligten eine enorme Erhöhung der Rechts- und Planungssicherheit, insbesondere hinsichtlich
- Verrechnungsbefugnisse der Banken mit Darlehensforderungen,
- Pfändungsumfang bei auf dem Konto eingehender Nachzahlungen,
- Gültigkeitsdauer einer P-Konto-Bescheinigung,
- Pfändungen bei Gemeinschaftskonten,
- Dauer des Pfändungsschutzes bei Übertrag in Folgemonate,
- Anspruch auf Beendigung des Pfändungsschutzes und auch
- klarstellende Regelung, dass im Insolvenzverfahren für den „Pfändungsschutz“ keine Freigabe des Verwalters erforderlich ist
Den künftigen Gesetzestext finden sie hier.
Zum Stand des Gesetzgebungsverfahrens eines Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens
17.12.2020: Bundestag beschließt die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre. Dies gilt für alle seit dem 01.10.2020 beantragten Verfahren. Eine weitere Verkürzung erfolgt für alle Anträge, die nach dem Inkrafttreten der entsprechenden EU-Richtlinie am 16.07.2019 gestellt wurden. Für diese verkürzt sich das Verfahren für jeden Monat, den der Antrag nach diesem Datum beim Gericht eingegangen ist, um einen Monat. (Bsp.: InsO-Antrag am 16.07.2020; Laufzeit des Restschuldbefreiungsverfahrens: 72 Monate nach altem Recht abzgl. 12 Monate, mithin fünf Jahre)
14.12.2020: Über das Gesetz soll am 17.12.2020 im Bundestag abschließend abgestimmt werden; nach derzeitigem Stand soll es rückwirkend zum 01.10.2020 in Kraft treten (Mithin können alle Mandanten, welche nach dem 01.10.2020 hier den Eröffnungsantrag gestellt haben, derzeit entsprechend den gemachten Erläuterungen von einer Erteilung der Restschuldbefreiung im Herbst 2023 ausgehen).
zum Gesetzgebungsverfahren s.a.: Erläuterung zum Tagesordnungspunkt
28.11.2020: Seit der Anhörung vom 30.09.2020 ist trotz der unterstellten Eilbedürftigkeit bisher in den veröffentlichten Tagesordnungen keine Abstimmung im Bundestag terminiert.
Am 30.09.2020 fand vor dem zuständigen Bundestagsausschuss eine Anhörung statt, bei welcher zwar die grundsätzliche Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre nicht in Frage gestellt wurde, jedoch laute Kritik hinsichtlich
- der Differenzierung zwischen Verbrauchern und Selbständigen,
- der Speicherfristen bei Kreditschutzorganisationen (Schufa,…)
- „Amtsermittlung“ hinsichtlich einer Versagung der Restschuldbefreiung sowie
- Fehlen einer Bagatellgrenze bezüglich Schenkungen und Spielgewinne
geäußert wurde. Ferner wurden meines Erachtens äußerst sinnvolle Anregungen an den Gesetzgeber herangetragen, was bspw. die Freigabe von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit im Insolvenzverfahren angeht. Hier finden Sie das Protokoll der Anhörung.
Zwischenzeitlich liegt die Stellungnahme des Bundesrates vor.
- Der Bundesrat regt insbesondere an, die Verfahrensdauer für Anträge vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung gegenüber dem Entwurf der Bundesregierung deutlich zu verringern, so dass ein Zuwarten auf den Stichtag der Gesetzesänderung uninteressanter würde.
- Ferner fordert der Bundesrat eine unbefristete Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre auch für Verbraucher. Nach dem Regierungsentwurf soll diese Regelung zunächst nur für Anträge bis 2025 gelten.
- Letztlich soll nach dem Willen des Bundesrates die Speicherfrist für Kreditschutzorganisationen (Schufa, Creditreform, Infoscore…) auf ein Jahr nach Erteilung der Restschuldbefreiung reduziert werden (derzeit drei Jahre).
Der Bundestag hat den Gesetzesentwurf in erster Lesung erwartungsgemäß an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz verwiesen, wo am 30.09.2020 eine Anhörung stattfindet.
Wann und in welcher Form das Gesetz in Kraft tritt, kann somit frühestens im Oktober 2020 abgesehen werden.
Deckelung der Inkassokosten (27.11.2020)
Am 27.11.2020 hat der Bundestag das „Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht und zur Änderung weiterer Vorschriften“ beschlossen und eine einschneidende Begrenzung von Inkassogebühren geregelt. Hierdurch werden insbesondere durch Verweise auf das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz Höchstgebühren bei Kostendoppelung (Inkassounternehmen beauftrag Anwalt) und bei Vergleichsgebühren normiert (s. Artikel des Bundestages).
Gesetzesentwurf zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens
Anlässlich einer EU-Richtlinie wird die Laufzeit des insolvenzrechtlichen Restschuldbefreiungsverfahrens künftig für Selbständige und nach dem Entwurf (hier klicken für den Gesetzesentwurf) auch für Verbraucher für Eröffnungsanträge ab Oktober 2020 von grundsätzlich sechs Jahre auf drei Jahre verkürzt. Dieses von der Bundesregierung beschlossene Gesetzgebungsverfahren ist jedoch noch nicht abgeschlossen; insbesondere noch nicht vom Bundestag beschlossen. Sollten Änderungen bekannt werden, würden Sie auch an dieser Stelle informiert.
Die bisher zur Meidung einer Stichtagsregelung vorgesehene Übergangsregelung (Umsetzung der EU-Richtlinie zur Verkürzung auf drei Jahre nicht über Stichttagslösung, sondern „schleichend“) wurde im aktuellen Gesetzesentwurf wohl als Folge der Krise aus der Corona-Pandemie nicht mehr aufgenommen. Sollte das Gesetz in der aktuellen Entwurfsfassung vom Bundestag beschlossen werden, würde die Laufzeit abrupt für Anträge ab Oktober 2020 auf drei Jahre verkürzt.
Sowohl bei laufenden insolvenzrechtlichen Mandaten als auch bei neu erteilten Mandaten werden wir das aktuelle Gesetzgebungsverfahren, welches auch einige Verschärfungen für Schuldner enthält, bei der Beratung und Vertretung berücksichtigen.
Gesetzesentwurf zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht
Um mehr Transparenz und Rechtssicherheit im Bereich der Inkassokosten zu gewähren, ist eine Reform des Rechtsdienstleistungsgesetzes sowie des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes geplant (s. Gesetzesentwurf der Bundesregierung). Die wesentlichen Ziele, deren Verwirklichung durch ein zügiges Gesetzgebungsverfahren meines Erachtens zeitnah erfolgen sollten, sind übersichtlich unter Gliederungspunkt „B Lösung“ des Regierungsentwurfs (s. Link oben) zusammengefasst. Sollten die Gesetzesänderung in Kraft treten, wäre mit einer erheblichen Reduzierungen von häufig als überzogen empfundenen Inkassokosten, welche nach derzeitiger Rechtslage jedoch zumeist nicht als rechtwidrig zu werten sind, zu rechnen.
Gesetzesentwurf zur Reform des Pfändungsschutzkontos
Anlässlich der in der Praxis aufgetretenen Probleme sollen die Regelungen zum Pfändungsschutzkonto reformiert werden (Gesetzesentwurf der Bundesregierung) Für den Großteil der Betroffenen werden keine wesentlichen Änderungen eintreten, jedoch würden meines Erachtens bei Umsetzung dieses Entwurfs sehr sinnvolle Vereinfachungen und Klarstellungen im Gesetzestext aufgenommen.
Laufzeit des Restschuldbefreiungsverfahrens - Verkürzung auf drei Jahre aufgrund EU-Richtlinie
Derzeit beträgt die Laufzeit der Abtretungsfrist gemäß § 287 Abs.2 InsO regelmäßig 6 Jahre und wird auf Antrag gemäß § 300 InsO unter bestimmten Voraussetzungen auf 5 Jahre bzw. auf 3 Jahre verkürzt.
Aufgrund einer EU-Richtlinie sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, künftig für selbständig erwerbstätige natürliche Personen eine Restschuldbefreiung innerhalb von drei Jahren zu ermöglichen. Der Deutsche Gesetzgeber wird die Umsetzung dieser Richtlinie voraussichtlich auf Verbraucher erweitern, so dass jede natürliche Person künftig innerhalb von drei Jahren die Restschuldbefreiung erlangen kann.
Jedoch wird es keine Stichtagsregelung geben; vielmehr wird die verkürzte Laufzeit „fließend“ umgesetzt. Das geplante Vorgehen ist ausführlich und übersichtlich auf dem hierzu veröffentlichtem Info-Blatt des Bundesjustizministeriums dargestellt.
Mietkaution gehört regelmäßig nicht zur Insolvenzmasse
Mit Beschluss vom 16.03.2017 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Mietkaution nach der Enthaftungserklärung des Insolvenzverwalters gem. § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO gegenüber dem Vermieter nicht – mehr – zur Insolvenzmasse gehört. Da Insolvenzverwalter zur Meidung einer Haftung der Insolvenzmasse für Mietzahlungen die Enthaftungserklärung regelmäßig zeitnah nach Insolvenzeröffnung gegenüber dem Vermieter abgeben, kann der Insolvenzschuldner nach Beendigung des Mietverhältnisses – auch während des Insolvenzverfahrens – die ihm mietrechtlich zustehende Kaution regelmäßig für sich beanspruchen.
Besteuerung von Sanierungsgewinnen - Reaktion der Finanzbehörden
Auf den an dieser Stelle weiter unten bereits dargelegten Beschluss des Bundesfinanzhofes vom 28.11.2016 hat das Bundesfinanzministerium am 27.04.2017 ein weiteres Schreiben hinsichtlich der Besteuerung von Sanierungsgewinnen veröffentlicht. Neben Problemen zu anhängigen Verfahren ist für künftige Entscheidungen die Einbeziehung folgender Widerrufsregelung geregelt worden:
„Diese abweichende Festsetzung / Diese Stundung ergeht unter dem Vorbehalt des Widerrufs. Die abweichende Festsetzung / Stundung ist zu widerrufen, wenn eine gesetzliche Regelung zur steuerlichen Behandlung von Sanierungserträgen in Kraft tritt oder bis zum 31. Dezember 2018 nicht in Kraft getreten ist (vgl. BMF-Schreiben vom 27. April 2017 – IV C 6 – S 2140/13/10003, DOK 2017/0322100 -).“
Mithin ist derzeit keine verbindliche, rechtssichere Planung hinsichtlich der auf Sanierungsgewinnen anfallenden Steuern möglich.
Erlass- bzw. Vergleichsverhalten des zuständigen Finanzamtes bei Bundessteuern
Mit Schreiben des BMF (Bundesfinanzministerium) vom 15.02.2017 (dort unter Pkt. II und III) wird klargestellt, dass die Finanzbehörden der Länder bei außergerichtlichen Einigungsversuchen nach § 305 InsO sowie in Insolvenzverfahren auch für Vergleichsangeboten bzw. Verzichte hinsichtlich der dem Bund zustehenden Steuern zuständig sind; ferner werden weitere Kriterien hinsichtlich der Zuständigkeit bei Erlassanträgen veröffentlicht. Die Erfüllung welcher Bedingungen für eine solche Zustimmung erforderlich sind, wurden bereits mit BMF Schreiben vom 11.01.2002 (s. NWB Verlag GmbH & Co. KG) festgelegt.
Besteuerung von Sanierungsgewinnen
Mit Beschluss vom 28.11.2016 hat der Bundesfinanzhof die – aufgrund eines entsprechenden Erlasses des Bundesfinanzministeriums – übliche Praxis hinsichtlich einer Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen durch Vergleiche etc. für unzulässig erklärt. Die Gründe und Folgen dieser Entscheidung sind in einer Pressemitteilung übersichtlich dargestellt. Da im entschiedenen Fall auch keine Sanierung eingetreten ist, bleibt die Praxis der Finanzbehörden hinsichtlich der weiterhin zulässigen Beantragung entsprechender Steuererlasse aus Billigkeitsgründen abzuwarten. Die insoweit bestehende Rechts- und Planungsunsicherheit ist künftig bei der Entwicklung von Sanierungsplänen zu berücksichtigen.
persönliche Beratung ist Voraussetzung für Verbraucherinsolvenzantrag
Ein Verbraucherinsolvenzantrag ist nur dann gemäß § 305 Abs.1 Nr.1 InsO zulässig, wenn diesem eine Bescheinigung, die von einer geeigneten Person oder Stelle auf der Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners ausgestellt wurde, beigefügt ist. In der Rechtsprechung (zuletzt AG Göttingen, AZ 74 IK 356/16 vom 16.12.2016 ) werden zunehmend strenge Kriterien an die geforderte persönliche Beratung gestellt (so auch LG Köln 24.11.2015).
Diese Entwicklung ist zu begrüßen, da insbesondere kommerzielle Schuldnerberatungsstellen und deren Kooperationsanwälte häufig lediglich die Bescheinigung ohne die vor einem Insolvenzantrag dringend erforderliche Prüfung und Beratung erstellten.
Verletztenrente aus gesetzlicher Unfallversicherung wie Arbeitseinkommen pfändbar
Da die Verletztenrente sowohl eine Lohnersatzfunktion (Ersatz für wegfallendes Einkommen) als auch eine Ausgleichsfunktion für immaterielle Schäden (Schmerzen, gesundheitsbedingter Mehraufwand) hat, war die Pfändbarkeit dieser Rente unklar.
Während eine Rente mit Lohnersatzfunktion (wie bspw. die Altersrente) grundsätzlich wie Arbeitseinkommen nach der Pfändungstabelle pfändbar ist, sind Renten, welche einen Gesundheitsschaden ausgleichen sollen, je nach Art der Rente entweder nach § 54 Abs.3 Nr. 3 SGB-1 oder nach § 850b Abs.1 Nr. 1 ZPO unpfändbar.
Mit Beschluss vom 20.10.2016 hat der BGH entschieden, dass die Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung ausschließlich Lohnersatzfunktion habe und daher vollumfänglich wie Arbeitseinkommen, gegebenenfalls auch durch Zusammenrechnung, pfändbar ist. Obwohl meines Erachtens die Argumentation des LG Karlsruhe, dessen Beschluss mit der Entscheidung des BGH aufgehoben wurde , angesichts der eindeutigen Zweckbestimmung des § 1 Nr.2 SGB-VII überzeugender ist, wird künftig auf die Rechtsprechung des BGH abzustellen sein.
Rücknahme des Antrages auf Restschuldbefreiung
In bestimmten Fällen macht es Sinn, einen gestellten Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung zurückzunehmen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Neuverschuldung eingetreten ist oder die beantragte Restschuldbefreiung nicht erreicht werden kann. Im Beschluss vom 22.09.2016 hat der BGH die Kriterien für die Zulässigkeit einer solchen Antragsrücknahme behandelt. Demnach ist mangels Regelungen in der Insolvenzordnung auf die für eine Klagerücknahme geltende Bestimmung des § 269 ZPO abzustellen. Somit ist zumindest nach einem Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung eine Rücknahme des Restschuldbefreiungsantrages nicht mehr zulässig.
Der BGH lässt in der Entscheidung ausdrücklich offen, ob die entsprechende Anwendbarkeit des § 269 ZPO auch für nach dem 01.07.2014 eröffnete Insolvenzverfahren gilt.
Unpfändbarkeit von Leistungen nach dem SGB-II
Zum August 2016 sind zahlreiche Änderungen des SGB-II (Hartz-IV) in Kraft getreten. Während bisher im Gegensatz zum SGB-XII (Sozialhilfe) die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB-II) grundsätzlich pfändbar waren und diese insbesondere im Rhein-Main-Gebiet mit den relativ hohen Kosten der Unterkunft bei Zusammenrechnung der Einkünfte auch teilweise gepfändet wurden, ist eine solche Pfändung nunmehr gemäß § 42 Abs.4 SGB-II nicht mehr möglich.
zur Pfändbarkeit von Zuschlägen, insbes. Nachtarbeitszuschlägen
Mit Urteil vom 29. Juni 2016 hat der BGH die zuvor strittige Rechtsfrage entschieden, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen Zuschläge zum Lohn nach § 850a Nr.3 ZPO unpfändbar sind. Nunmehr hat der BGH für Nachtzuschläge die Unpfändbarkeit unabhängig von der Beschäftigungsart – wie dies in der Praxis zuvor häufig gehandhabt wurde – von der Steuerpflichtigkeit der Zuschläge abhängig gemacht. Nacht- und Feiertagszuschläge sind demnach insoweit unpfändbar, wie sie gemäß §3b EStG steuerfrei gewährt werden können. Dies dürfte für andere Zuschläge entsprechend gelten.
Verjährung von Forderungen gegen Bürgen
Der Gesetzgeber hat keine speziellen Regelungen zur praktisch bedeutenden Frage erlassen, wann die Forderung gegen einen Bürgen verjährt. Durch die somit anzuwendenden allgemeinen Vorschriften entstehen zahlreiche Probleme, welche insbesondere durch das Verhältnis der Verjährung der ursprünglichen – durch die Bürgschaft gesicherte – Forderung zu der Forderung gegenüber dem Bürgen geprägt sind. Mit Urteil vom 14. Juni 2016 hat der BGH nunmehr klargestellt, dass eine Titulierung der gesicherten Forderung auch dann zum Verlust der Verjährungseinrede des Bürgen führt, wenn die Forderung zum Zeitpunkt der Titulierung bereits verjährt war. Somit trägt der Bürge im Ergebnis ein – weiteres – enormes Risiko, wenn sich der Hauptschuldner nicht in gebotener Weise auf die Verjährung der Forderung beruft.
Rückständigen Beiträge zur privaten Krankenversicherung sind Insolvenzforderungen
Mit Entscheidung vom 07. April 2016 stellt der BGH klar, dass auch rückständige Versicherungsbeiträge zur privaten Kranken- u. Pflegeversicherung im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Insolvenzforderungen sind.
Da der Versicherungsvertrag als solches durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht aufgehoben wird, wurde hinsichtlich der rückständigen Beiträge – teilweise auch seitens der Rechtsprechung – in der Vergangenheit davon ausgegangen, dass rückständige Beiträge keine Insolvenzforderungen sind.
Durch diese Entscheidung werden jedoch die Möglichkeiten der Versicherung zu Leistungseinschränkungen sowie Aufrechnungen nicht berührt. Jedoch kann der Schuldner ohne Gläubigerbegünstigung aus seinem unpfändbaren Einkommen/Vermögen rückständige Versicherungsbeiträge zur Meidung von Nachteilen im Versicherungsschutz begleichen.
sog. Basiskonto; Zahlungskontengesetz tritt am 19.06.2016 in Kraft
Das Zahlungskontengesetz (ZKG), in welchem neben weiteren Rechtsfragen zu Girokonten (Vergleichbarkeit der Gebühren, Kontowechselmodalitäten…) in den §§ 31 ff auch das sog. Basiskonto für jedermann geregelt ist, tritt am 19.06.2016 in Kraft.
Im Ergebnis ist ab dann mit einigen, ausdrücklich benannten Ausnahmen jedes Geldinstitut verpflichtet, mit Personen, die über kein Girokonto verfügen, einen Basiskontovertrag abzuschließen.
Beweislast bzgl. der Restschuldbefreiungsfähigkeit bei Unterhaltsforderungen
Grundsätzlich sind Forderungen aus einer Straftat nicht restschuldbefreiungsfähig. Mit Beschluss vom 03. März 2016 (insbes. RN 23) hat der BGH hinsichtlich Unterhaltsschulden auf entsprechende Anmeldung des Gläubigers nach altem Recht entschieden, unter welchen Umständen der Schuldner für seine mangelnde Leistungsfähigkeit beweispflichtig ist (insbes. wenn die Forderung in einem streitigen Verfahren tituliert wurde).
Dieser Beschluss dürfte insbesondere für Insolvenzverfahren nach „neuem“ Recht (ab 01.07.2014) von praktischer Relevanz sein, da der Gesetzgeber nunmehr mit § 302 Nr.1 InsO (neue Fassung) vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährten Unterhalt auf entsprechende Anmeldung des Gläubigers ausdrücklich von der Restschuldbefreiung ausnimmt.
geplante Gesetzesänderung zur Insolvenzanfechtung
Die durch die derzeitigen Regelungen zur Insolvenzanfechtung bestehenden Rechts- und Planungsunsicherheiten für Vertragspartner eines in der Krise befindlichen Unternehmens und die sich daraus ergebende Gefährdung von Sanierungsbemühungen sollen im Rahmen einer Gesetzesänderung behoben werden (Gesetzesentwurf der Bundesregierung mit Erläuterungen).
Zugang zu einem Basisgirokonto
Gesetzgebungsverfahren für den Zugang zu einem Basisgirokonto (s. Info-System des Bundestages mit weiteren Links) „angelaufen“. Mit dem Gesetz sollen neben anderen Zielen durch entsprechende Verpflichtungen der Banken alle Personen ein Recht auf Nutzung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs erhalten. Ob ein Konto verpflichtend eröffnet werden muss, wenn bereits ein im Soll befindliches Konto mit Aufrechnungsbefugnis bei einer anderen Bank besteht, bleibt ebenso wie die geforderten Entgelte abzuwarten.
in einem Vergleich vereinbarte Aussetzung der Vollziehung bzw. Ruhendstellung einer Pfändung
Mit einer Entscheidung vom 02. Dezember 2015 hat der BGH klargestellt, dass in einem zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger im Rahmen eines Vergleiches vereinbarte „Ruhendstellung“ einer Pfändung während der Laufzeit des Vergleichs keine Wirkung gegenüber dem Drittschuldner (Bank, Arbeitgeber) hat. Ein solcher Vergleich würde ohne Einverständnis des Drittschuldners einen unzulässigen Vergleich zu Lasten des Drittschuldners darstellen.
Mietschulden, Kündigungssperre im Insolvenzverfahren
Mit einer Entscheidung vom 17. Juni 2015 (VIII ZR 19/14) hat der für das Mietrecht zuständige Senat des BGH entschieden, dass die in § 112 InsO geregelte Kündigungssperre wegen Mietschulden für den Vermieter ab dem Zeitpunkt entfällt, in welchem der Insolvenzverwalter gegenüber dem Vermieter die Freigabe nach § 109 Abs.1 S.2 InsO erklärt. Da ein Insolvenzverwalter regelmäßig zur Meidung einer eigenen Haftung für die Mietzahlungen die Freigabe erklären wird, dürfte die Kündigungssperre nach § 112 InsO künftig kaum noch praktische Relevanz haben.
Pfändbares Einkommen bei mangelnder Unterhaltsbedürftigkeit des Kindes aufgrund Einkommens des anderen Elternteils
Eine Unterhaltsverpflichtung wird auf Antrag des Gläubigers gemäß § 850c Abs.4 ZPO dann nicht oder nur teilweise bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens berücksichtigt, wenn der Unterhaltsberechtigte aufgrund eigener Einkünfte nicht unterhaltsbedürftig ist. Mit Beschluss vom 16.04.2015 hat der BGH entschieden, dass unter näher bezeichneten Umständen auch die Unterhaltsleistungen des anderen Elternteils als die Unterhaltsbedürftigkeit minderndes Einkommen des Kindes zu werten sind. In Folge dieser Entscheidung dürfte auf entsprechende Gläubigeranträge die (quotale) Berücksichtigung von Kindern bei der Bezifferung des pfändbaren Einkommens vermehrt streitig werden.
Gebühren für Pfändungsschutzkonto
P-Konto: Pressemitteilung zur Entscheidung des BGH, nach welcher erhöhte Gebühren und Leistungseinschränkungen (keine EC-Karte) unzulässig sind
P-Konto: Pressemitteilung zur Entscheidung des BGH, mit welcher dieser die Rechtsnatur des P-Kontos als „normales“ Girokonto zu den herkömmlichen Bedingungen mit zusätzlichem Pfändungsschutz als Pflichtaufgabe der Bank klarstellt.